ARACHNOPHOBIE


Die reale Angst vor der unrealen Bedrohung. Um es vorwegzunehmen, ich schreibe kein Referat über die Spinnenphobie, sondern lege ein gutes Wort für die Spinnen ein und erzähle, was sie für uns Menschen bedeuten. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass wir ohne Spinnen nicht fähig sind, zu existieren. Aber kommen wir zur Phobie, woher sie stammt und was die kleinen Tierchen dazu beigetragen haben. Woher diese „übermächtigen“ Ängste vor Spinnen stammen, ist nicht so recht bekannt. Es existiert keine reale Bedrohung, die dem vorausging. Neueste Forschungen haben nachgewiesen, dass die Wahrnehmung der PhobikerInnen anders funktioniert, als die bei NichtphobikerInnen – zumindest im Bezug auf Spinnen. Die PhobikerInnen nehmen die Größe der Spinne anders wahr, größer, als sie in Wirklichkeit ist. Das Bild der Spinne bleibt bei ihnen, wie eingebrannt, übermäßig lange im Gehirn. Die Angst ist nicht übertrieben, sie hat einen Hintergrund. Das gilt ebenso für den Ekel, der bei PhobikerInnen und NichtphobikerInnen vor den Achtbeinern gleich ist. Dieser Ekel besitzt einen Ursprung – er wurde anerzogen. Kleinkinder haben ein normales Verhältnis zu den Spinnen. Sie betrachten sie interessiert und spielen sogar mit ihnen. Sollte dabei ein Tier verletzt werden, dann beruht das nicht auf Ängste oder Ekel, sondern nur auf die Unbeholfenheit des Kindes. Der Ekel stellt sich erst ein, wenn ein Erwachsener dem Kind beibringt, dass das Tier ekelhaft ist, oder erschreckt aufschreit und das Kind wegzieht oder, zu allem Überfluss, das Tier tottritt.
Warum sind Spinnen liebenswerte Geschöpfe? Aus zwei extrem wichtigen Punkten. Der erste Grund ist, dass Spinnen uns zeigen, wo etwas nicht in Ordnung ist. Wo etwas mit der Umwelt nicht stimmt. Sie sind Barometer der Biologie. Stimmt etwas nicht, glänzen sie durch Abwesenheit. Der zweite ist, dass sie für das ökologische Gleichgewicht sorgen. Spinnen fressen Insekten und sorgen so dafür, dass sie sich nicht endlos vermehren. Weltweit fressen die Spinnen täglich 40 Tonnen Insekten. Das bedeutet, dass die Spinnen seit dem Tag meiner Geburt insgesamt 949.000 Tonnen Insekten vertilgt haben. Das gibt uns dreierlei zu denken: 1. Alleine mit dem Wissen, wie leicht Insekten sind, ist nachvollziehbar, welche unvorstellbare Masse an Tieren diese 949.000 Tonnen sind. 2. Wir haben mit den 949.000 Tonnen jetzt nur die Population aufgezählt, die gefressen wurde. Wenn wir berechnen, wie viele Nachkommen jedes Insektenpärchen zeugt, wird uns bewusst, was die Spinnen für uns bedeuten. Ein Beispiel sind Mücken, die eine beliebte Nahrungsquelle für Spinnen bedeuten. Ein Weibchen legt zwischen 200 bis 300 Eier, aus denen die Nachkommen schlüpfen. Nach der Eiablage, in jeder Art von Gewässer, entwickeln sich aus den Eiern, in ein bis drei Tagen, die Larven. Diese Nachkommen sind innerhalb von 14 Tagen voll ausgewachsen und schlüpfen. Das dauert 20 Minuten. Sie sind nach dem Schlüpfvorgang voll zeugungsfähig. Wären diese 949.000 Tonnen in den letzten 65 Jahren, so alt bin ich heute, nicht von den Spinnen gefressen worden, hätten wir heute, alleine durch die Nachkommen der Insekten andere Probleme, als ab und zu einen Mückenstich. 3. Wie beschrieben, ich bin erst 65 Jahre alt. Was wäre, wenn es die Spinnen, seit grauer Vorzeit nicht gegeben hätte? Oder nur seit 1000 Jahren, statt der berechneten 65. In Wahrheit gibt es die Spinnen schon seit über 400 Millionen Jahren. 400.000.000 Jahre x 365 Tage x 40 Tonnen + exponentielle Population der Nachkommen. Danke Natur für diese Spinnen. Und der Mensch überlege, ob es nicht besser ist, eine Spinne, die sich in der Wohnung verirrt hat, unbeschadet wieder der Natur zu übergeben, statt sie zu töten.